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Christian Hofmann

ZWISCHEN HYPERREALISMUS UND ABSTRAKTION

Christian Hofmann verkörpert das Ideal des traditionellen Malers, der mit Leidenschaft, Ausdauer und nicht zuletzt technischer Meisterschaft in sich vollendete, auratische Gemälde schafft. Der Künstler blickt auf eine fast vier Jahrzehnte umfassende Karriere zurück. Seine Bilder, ob aus jüngerer oder älterer Entstehungsphase, überzeugen durch eine thematische und formale Kontinuität, die den Arbeiten eine zeitlose Relevanz und Qualität gibt.

Zeit spielt in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Rolle für das Verständnis von Hofmanns Oeuvre. Zum einen erhält der Prozess von der Konzeption bis zur Fertigstellung eines Bildes genau den Raum, den er braucht, auch wenn er marktbedingten Fristen und Überlegungen entgegenstehen sollte. Hofmann bezeichnet das Medium der Malerei selbst als ein beschauliches und langsames. Diese Bedachtsamkeit spürt der Betrachter, wenn er sich mit Hofmanns Werk beschäftigt. Jedes Bild enthält von Neuem die Essenz des künstlerischen Ausdrucks des Malers. Es besteht für sich selbst, außerhalb der verwandten thematischen Reihe. Gleichzeitig korrespondieren die einzelnen Gemälde aber miteinander. Sie führen einen mehr oder weniger expliziten Dialog aus, der sich zwar ruhig und unaufgeregt abspielt, doch sich intensiv und unausweichlich entfaltet.

Christian Hofmann beschäftigt sich selbst über Jahrzehnte hinweg mit den selben Themen. Die Entstehung seiner malerischen Kompositionen beginnt mit der Auseinandersetzung mit den Gegenständen. Hofmann kombiniert die Objekte im Vorfeld, experimentiert mit dem Raum, mit Licht und Schatten, bevor die Arbeit an den Gemälden in Angriff genommen wird. Diese verwendet er im Übrigen nicht nur als Vorlagen für seine Gemälde, sondern sie werden selbst in raumgreifenden Installationen des Künstlers zu Kunstwerken. Auf diese Weise bekommen die Objekte eine zweite Bedeutung, ein zweites Leben. Er sieht seine konzeptuelle Arbeit als sich im Fluss befindend, als nicht abgeschlossen, und somit erklärt sich auch seine Praxis, nach Jahren ältere Bilder wiederaufzunehmen, neu zu bearbeiten und zu ergänzen.

An dieser Stelle kommt eine weitere Ebene der Komponente Zeit für die Arbeiten von Hofmann zum Tragen. Unter dem Titel „Fragmente“ sind ebenfalls über eine längere Zeitspanne hinweg, ab Mitte der 1990er¬Jahre, Kompositionen entstanden, die aus gefundenen Objekten zusammengestellt wurden. Hofmann treibt nicht nur eine genaue Beobachtung des Alltäglichen, sondern insbesondere auch eine gewisse Faszination für das Beschädigte und von der Mehrheit Vernachlässigte an. In seinen Arbeiten bekommt es eine neue Daseinsberechtigung.

Wiederkehrendes Motiv sind dabei Holzreste, Werkzeugteile wie Sägeblätter, Keile, Stofffetzen oder Lochgitter. Die „Fragmente“ zeichnen sich durch eine stille Wucht aus. Der Künstler lotet hier eine minimalistische Formsprache aus, die in ihrer Einfachheit radikal und provokativ wirkt, wobei die teilweise pathetisch aufgeladenen Titel der Arbeiten wie „Krieg“, „Monument der Arbeit“ oder „Evolution“ den Eindruck unterstützen. Dazu kommt die extrem feine Malerei, die hyperrealistisch und dadurch doch verfremdend dem Motiv ikonenhafte Ausstrahlung verleiht. Mit dieser Werkgruppe bewegt sich Hofmann ausdrücklich Richtung Abstraktion. Die Gegenstände selbst verlieren an unmittelbarer Bedeutung und zersetzen sich in ihre geometrischen Bestandteile. Die Farben und Formen lenken die Augen unabhängig vom Inhalt.

Hofmann hat schon früh künstlerische Reife erlangt, was an der Beherrschung der technischen Mittel und dem Gewicht und der Geschlossenheit der ideellen Aussage abgelesen werden kann. Angetrieben von dem Gedanken, wie wenig – oder wie viel – ein Gemälde benötigt, um als solches zu bestehen, setzt sich der Künstler mit Farben und Formen auseinander, die sich in ihrer Reduziertheit im Grenzraum zwischen Hyperrealismus und Abstraktion bewegen.

Mag. Teresa Vena, Berlin


VON DER ERHABENHEIT DES BANALEN

Durch die Gegenständlichkeit seiner Malerei betrachtet Christian Hofmann die Welt, die ihn umgibt. So richtet er seinen Blick auf einzelne Ausschnitte der Wirklichkeit, um durch die Auswahl und Anordnung seiner ebenso singulären wie alltäglichen Motive zentrale Fragen des Seins zu ergründen. Seine Bilderzyklen gewähren einen sehr guten Einblick in die Grundthemen seines künstlerischen Schaffens. Als gegenständlicher Maler hat er stets ein offenes Auge für die Dinge, die ihn umgeben. Ihn spricht Alltägliches, wie Liegestühle, Stoffe oder auch Gegenstände aus Holz und Metall, die achtlos weggeworfen wurden, an. Ebenso vertraut sind uns die von Christian Hofmann gewählten Tiere, wie Hühner, Kühe und Ziegen.

DIALOGE lautet der Titel der Serie, die mit leiser Ironie das Gegenüber von Tierköpfen auslotet, wobei jedes Tier ganz individuelle Charakterzüge zeigt: Konfrontation verschiedener Charaktere, Tierportraits, Hühner und Kühe, Tiere, denen der Maler bei seinen Aufenthalten auf dem Land immer wieder begegnet.

 

 

FRAGMENTE sind die Fundstücke, die Christian Hofmann entdeckt, wenn er seine Umgebung aufmerksam durchsucht. Dinge, die andere übersehen, an denen andere vorübergehen, die weggeworfen wurden, da sie ihren ursprünglichen Nutzen nicht mehr erfüllen konnten. Lange liegen diese Teile oft, bevor der Künstler sie sieht und erkennt, so lange, dass ihr ursprünglicher Sinn und Zweck nicht mehr nachvollziehbar ist. Das Übriggebliebene, das durch die Art und Weise, wie es zu ikonenhafter Komposition zusammengefügt wird, tief berührt. Die Stofflichkeit des Materials – verwittertes Holz und verrostetes Metall – in seiner langen Geschichte von menschlicher Hand irgendwann bearbeitet, zurechtgeschnitten, gedrechselt, bemalt, steht in spannendem Gegensatz zu den Bildern und Geschichten, zu denen der Künstler sie zusammenfügt. Die Arbeiten aus der Serie Fragmente markieren den Weg in die Abstraktion.

In dem Bilderzyklus FAHNEN handelt Christian Hofmann ein Thema ab, das zunächst aus seinem Kanon insofern auszubrechen scheint, als Flaggen oder Fahnen nicht unbedingt zu den alltäglichen, banalen Dingen des Lebens zählen, sondern vielmehr als bedeutungsschwere Symbole gelten. Dennoch wird auch hier das Vordergründige betont, wie die Leichtigkeit und Farbigkeit der Stoffe und deren Bewegung, gleichzeitig sind sie durchaus als politisches oder religiöses Symbol zu sehen, wie die beiden Bilder Konterrevolution und Tibet zeigen.

Michal Scheriau